Vergleich zwischen sanierten und sanierungsbedürftigem Altbau
Immobilienratgeber

Sanierungspflicht – Definition, Arten und rechtliche Grundlagen

25.09.2024 6 min. Lesezeit


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VON POLL IMMOBILIEN

Inhalt dieses Artikels


Die Sanierungspflicht beschreibt die rechtliche Verpflichtung eines Grundstücks- oder Gebäudeeigentümers, Maßnahmen zur Behebung von Schäden, Mängeln oder Umweltbelastungen durchzuführen. Ziel ist es, die Nutzung von Grundstücken und Gebäuden so zu gewährleisten, dass keine Gefahren für Menschen, die Umwelt oder die öffentliche Sicherheit entstehen. Die rechtliche Grundlage ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen, abhängig von der Art der Sanierung. Eigentümer sind nicht nur verpflichtet, rechtzeitig zu handeln, sondern können auch auf Fördermöglichkeiten zurückgreifen, um die finanzielle Belastung zu mindern.

Arten der Sanierungspflicht und rechtliche Grundlagen

Altlastensanierung:
Eine Sanierungspflicht tritt häufig bei Grundstücken auf, die durch frühere industrielle oder gewerbliche Nutzung belastet sind. Altlasten können gefährliche Stoffe wie Chemikalien, Schwermetalle oder Schadstoffe im Boden und Grundwasser umfassen.

  • Rechtliche Grundlage: Die Verpflichtung zur Sanierung ergibt sich aus dem Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG), insbesondere §§ 4 ff. BBodSchG. Eigentümer oder Verursacher von Altlasten sind verpflichtet, Gefahren für Mensch und Umwelt abzuwenden, indem sie geeignete Maßnahmen ergreifen.


Gebäudesanierung:

Bauliche Mängel, die die Sicherheit oder Gesundheit der Bewohner beeinträchtigen, lösen ebenfalls eine Sanierungspflicht aus. Dazu zählen Schäden an der Gebäudestruktur, wie undichte Dächer, bröckelnde Fassaden, schadhafte Fenster oder defekte Heizungs- und Lüftungssysteme.

  • Rechtliche Grundlage: Die Verpflichtung zur Instandhaltung ergibt sich aus der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 BGB) sowie aus baurechtlichen Vorschriften der jeweiligen Landesbauordnungen (z. B. § 3 Musterbauordnung – MBO).


Denkmalschutz:

Für Gebäude, die unter Denkmalschutz stehen, bestehen besondere Sanierungspflichten. Der Eigentümer ist verpflichtet, das denkmalgeschützte Gebäude zu erhalten und fachgerecht zu sanieren, um seinen historischen Wert zu bewahren. Dabei müssen Auflagen der Denkmalbehörden beachtet werden.

  • Rechtliche Grundlage: Diese Verpflichtung ergibt sich aus den jeweiligen Denkmalschutzgesetzen der Bundesländer (z. B. Art. 4 Bayerisches Denkmalschutzgesetz – BayDSchG).


Energetische Sanierung:

Hauseigentümer können verpflichtet sein, energetische Sanierungen durchzuführen, um den Energieverbrauch zu senken. Dies betrifft insbesondere ältere Gebäude, bei denen Maßnahmen wie die Dämmung von Dächern, Fassaden oder Fenstern notwendig werden.

  • Rechtliche Grundlage: Die Verpflichtung ergibt sich aus dem Gebäudeenergiegesetz (GEG), das die frühere Energieeinsparverordnung (EnEV) abgelöst hat. Insbesondere §§ 47 ff. GEG regeln die Nachrüstpflichten für bestimmte Gebäudeelemente.


Fördermöglichkeiten:

Um die finanziellen Belastungen durch Sanierungspflichten zu mindern, stehen Eigentümern verschiedene Förderprogramme zur Verfügung. Beispiele sind:

  • Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW): Zuschüsse und zinsgünstige Kredite für energetische Sanierungen.
  • BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle): Förderungen für Maßnahmen wie Heizungsaustausch oder energetische Einzelmaßnahmen.
  • Landesförderprogramme: Viele Bundesländer bieten zusätzliche Förderungen für Denkmalschutz- oder Altlastensanierungen an.


Hinweis:

Die Sanierungspflicht kann je nach Art der Immobilie, Nutzung und den vorliegenden Mängeln komplex sein. Es wird empfohlen, bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einzuholen oder sich von spezialisierten Fachleuten beraten zu lassen, um rechtliche Vorgaben einzuhalten und mögliche Fördermittel optimal zu nutzen.

Mann mit Notizheft, Füller, Richterhammer und Gerechtigkeitswaage auf einem Schreitisch

Rechtsgrundlagen der Sanierungspflicht

Die Sanierungspflicht wird durch verschiedene Gesetze und Verordnungen geregelt, abhängig von der Art der Sanierung und der spezifischen Situation. Wichtige gesetzliche Grundlagen sind:

  1. Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG): Das BBodSchG regelt die Sanierungspflicht bei Altlasten und Bodenverunreinigungen (§§ 4 ff. BBodSchG). Eigentümer und Verursacher können verpflichtet werden, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durchzuführen.

  2. Bauordnungen der Länder: Die Bauordnungen der einzelnen Bundesländer enthalten Vorschriften zur baulichen Sanierung und zu Instandhaltungspflichten, um die Sicherheit und Nutzungstauglichkeit von Gebäuden zu gewährleisten (z. B. §§ 3, 14 Musterbauordnung – MBO).

  3. Denkmalschutzgesetze der Länder: Die Denkmalschutzgesetze regeln die Pflichten zur Erhaltung und Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden. Dabei sind oft besondere Anforderungen an die Fachgerechtigkeit der Sanierung und den Erhalt des historischen Charakters zu beachten.

  4. Gebäudeenergiegesetz (GEG): Das GEG (früher: Energieeinsparverordnung – EnEV) enthält energetische Anforderungen an Gebäude und regelt Sanierungspflichten zur Verbesserung der Energieeffizienz, insbesondere bei älteren Gebäuden (§§ 47 ff. GEG).


Behördliche Durchsetzung der Sanierungspflicht

Wird eine Sanierungspflicht festgestellt, kann die zuständige Behörde den Eigentümer zur Durchführung der erforderlichen Maßnahmen auffordern.

  • Aufforderung zur Sanierung: Die Behörde legt fest, welche Sanierungsarbeiten bis zu welchem Zeitpunkt auszuführen sind.

  • Rechtsfolgen bei Nichterfüllung: Kommt der Eigentümer der Aufforderung nicht nach, können Zwangsmaßnahmen wie Bußgelder (z.B. § 26 Abs. 1 Nr. 2 BBodSchG) oder die Sanierung auf Kosten des Eigentümers angeordnet werden (§ 10 VwVG).

Älterer Herr im Gespräch mit einer jungen Dame

Sanierungspflicht: Ausnahmen und Erleichterungen

Unter bestimmten Voraussetzungen können Ausnahmen von der Sanierungspflicht gelten. Diese sind gesetzlich geregelt und abhängig von der Art der Sanierung:

  1. Unverhältnismäßige Kosten: Wird die Sanierung als wirtschaftlich unzumutbar eingestuft, kann eine Ausnahme gewährt werden. Diese Abwägung erfolgt z.B. im Rahmen des Gebäudeenergiegesetzes etwa nach § 102 GEG (Befreiung). Eine Unzumutbarkeit kann vorliegen, wenn die Sanierungskosten in keinem angemessenen Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit des Eigentümers oder zum Nutzen der Sanierung stehen.

  2. Denkmalschutz: Bei denkmalgeschützten Gebäuden können energetische oder strukturelle Sanierungen nur eingeschränkt durchgeführt werden, wenn sie den historischen Charakter des Gebäudes beeinträchtigen. Stattdessen können alternative Maßnahmen zugelassen werden, die den Denkmalschutz berücksichtigen.

  3. Härtefälle: In Ausnahmefällen kann eine Befreiung oder Stundung der Sanierungspflicht erfolgen, wenn die Durchführung aufgrund persönlicher oder finanzieller Umstände unzumutbar ist. Solche Härtefallregelungen sind meist zeitlich befristet und erfordern eine individuelle Prüfung durch die zuständige Behörde.

Diese Auflistung ist nicht abschließend.

Hinweis:
Die Anwendung von Ausnahmeregelungen und die Durchsetzung von Sanierungspflichten sind oft komplex und erfordern eine individuelle Prüfung. Betroffene Eigentümer sollten bei Zweifeln rechtlichen oder fachlichen Rat einholen, um mögliche Konsequenzen zu vermeiden.


Schreibtisch mit Modellhaus, Taschenrechner und Tablet

Kosten und Fördermöglichkeiten

Die Kosten einer Sanierungspflicht können stark variieren, abhängig von der Art und dem Umfang der erforderlichen Maßnahmen. Bei Altlasten oder größeren Gebäudesanierungen können die Kosten erheblich sein. Es gibt jedoch staatliche Förderprogramme, Zuschüsse oder zinsgünstige Kredite, die Eigentümer bei der Durchführung von Sanierungsmaßnahmen unterstützen, wie beispielsweise die KfW-Förderprogramme für energetische Sanierungen.

Beispiele für typische Kosten:

  • Bodensanierung (Altlasten): Die Kosten können je nach Verschmutzungsgrad und Fläche zwischen 50.000 bis über 500.000 Euro liegen.

  • Energetische Sanierung: Die Dämmung von Fassaden, Dächern oder der Austausch von Fenstern kann je nach Gebäudegröße zwischen 20.000 und 100.000 Euro kosten.

  • Denkmalschutz: Die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude ist oft besonders kostenintensiv und kann schnell mehrere hunderttausend Euro betragen, abhängig von den Anforderungen und der historischen Bedeutung des Gebäudes.


Fördermöglichkeiten

Um die Kosten zu senken, gibt es in Deutschland verschiedene staatliche Förderprogramme sowie zinsgünstige Kredite und Zuschüsse, die Sanierungsprojekte unterstützen.

  1. KfW-Förderprogramme

Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bietet eine Vielzahl von Förderprogrammen für Sanierungen an, insbesondere im Bereich der energetischen Sanierung:

  • KfW-Energieeffizienzprogramm: Dieses Programm bietet zinsgünstige Kredite oder Zuschüsse für energetische Sanierungsmaßnahmen wie Wärmedämmung, den Austausch von Fenstern oder die Modernisierung von Heizungen.

  • KfW-Zuschuss für Einzelmaßnahmen: Auch einzelne Sanierungsmaßnahmen, wie die Dämmung oder die Erneuerung von Fenstern, können bezuschusst werden.

  • Zinsgünstige Kredite: Die KfW bietet langfristige, zinsgünstige Kredite für umfangreiche Sanierungsmaßnahmen an, die besonders für Erben oder Eigentümer von Altbauten attraktiv sind.

  1. BAFA-Zuschüsse

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bietet ebenfalls Fördermöglichkeiten, insbesondere für die energetische Sanierung. Zu den geförderten Maßnahmen gehören unter anderem:

  • Einbau erneuerbarer Energien: Zuschüsse gibt es beispielsweise für den Einbau von Solaranlagen, Wärmepumpen oder Biomasseheizungen.

  • Gebäudeenergieberater: Die Kosten für die Beratung durch einen Energieexperten, der die energetischen Sanierungsmaßnahmen plant, werden ebenfalls teilweise durch das BAFA bezuschusst.

  1. Denkmalschutz-Förderung

Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden können oft spezielle Zuschüsse und Förderungen von den Landesdenkmalämtern erhalten. Diese Förderungen decken einen Teil der Kosten für die Sanierung ab, insbesondere wenn es um die Erhaltung historischer Bausubstanz geht. Darüber hinaus gibt es Steuervergünstigungen für denkmalgerechte Sanierungen:

  • Abschreibungsmöglichkeiten: Bei denkmalgeschützten Gebäuden können Sanierungskosten über mehrere Jahre steuerlich abgeschrieben werden.

  1. Förderungen der Bundesländer und Kommunen

Viele Bundesländer und Kommunen bieten zusätzliche regionale Förderprogramme für Sanierungen an. Diese richten sich oft nach lokalen Bedürfnissen, wie der Sanierung von Altlasten oder der Erneuerung von Wohngebäuden. In einigen Regionen gibt es spezielle Programme zur Belebung von Stadtteilen, in denen vermehrt Altbauten saniert werden sollen.

  1. Steuerliche Vorteile

Neben direkten Förderungen und Zuschüssen gibt es auch steuerliche Vorteile für Sanierungsmaßnahmen:

  • Sonderabschreibungen: Bei energetischen Sanierungen oder der Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden können in bestimmten Fällen Sonderabschreibungen geltend gemacht werden, was die steuerliche Belastung mindert.

  • Steuerabzug für Handwerkerleistungen: Ein Teil der Kosten für Handwerkerleistungen kann direkt von der Steuer abgesetzt werden, was die Sanierungskosten indirekt reduziert.

Beispiel für Sanierungspflichten

  • Altlastensanierung: Ein Grundstückseigentümer entdeckt bei Bauarbeiten auf seinem Gelände eine Verunreinigung des Bodens durch giftige Chemikalien, die aus der früheren Nutzung als Industriefläche stammen. Die zuständige Behörde fordert den Eigentümer auf, den Boden zu sanieren und die Gefahr für das Grundwasser zu beseitigen.

  • Gebäudesanierung: Ein Mehrfamilienhaus weist erhebliche Bauschäden an der Fassade auf, wodurch das Risiko besteht, dass Teile des Putzes abfallen und Passanten gefährden. Der Eigentümer ist verpflichtet, die Fassade zu sanieren und die Sicherheit wiederherzustellen.

  • Denkmalschutz: Ein historisches Gebäude, das unter Denkmalschutz steht, zeigt Schäden an der Fassade und an den Fenstern. Der Eigentümer wird durch die Denkmalschutzbehörde aufgefordert, die Schäden fachgerecht zu sanieren, um den historischen Wert des Gebäudes zu bewahren.


Die finanzielle Planung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen kann komplex sein, insbesondere bei hohen Kosten oder Fördermöglichkeiten. Eigentümer sollten sich frühzeitig von Experten beraten lassen, z. B. von Energieberatern, Steuerberatern oder spezialisierten Anwälten, um alle finanziellen und rechtlichen Möglichkeiten optimal zu nutzen.

 

 

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