04.01.2024 • 3 min. Lesezeit
Inhalt dieses Artikels
Einflussfaktoren nehmen zu
Neben ökonomischen, demographischen und politischen Faktoren können auch technologische Innovationen, soziokulturelle Trends, Umweltbedingungen, regulatorische Veränderungen und gesellschaftliche Ereignisse einen signifikanten Einfluss auf Märkte haben. Dass diese Einflussfaktoren in den vergangenen fünf Jahren zugenommen haben und die Abstände zwischen den Ereignissen scheinbar sinken, lässt sich angesichts der Corona-Pandemie, geopolitischer Konflikte und des Klimawandels kaum bestreiten. Auch der Immobilienmarkt hat die Auswirkungen, die zu einer steigenden Inflation, veränderten Zinspolitik durch die Zentralbanken und zu energieeffizienten Pflichtvorgaben bei Wohngebäuden führten, sichtlich zu spüren bekommen. In einem Fünf-Jahrestrend von Januar 2018 bis Juli 2023 haben die VON POLL IMMOBILIEN Experten die durchschnittlichen Immobilienpreise* für Häuser und Wohnungen in den A-Städten – München, Frankfurt am Main, Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Leipzig – analysiert und geschaut, welche Ereignisse zu signifikanten Veränderungen geführt haben.
Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL IMMOBILIEN:
„Der Immobilienmarkt verzeichnete lange Zeit einen kontinuierlichen Anstieg der Quadratmeterpreise, vor allem in den deutschen Metropolen und dem direkten Umland. Der Fünf-Jahrestrend macht deutlich, dass Krise nicht gleich Krise ist, sondern unterschiedliche Auswirkungen auf dem Markt möglich sind. Während der Pandemie haben das gestiegene Bewusstsein für das Thema Wohnen hinsichtlich mehr Sicherheit sowie Privatsphäre und der Home-Office-Effekt die Preisentwicklung bei bestimmten Wohnungen und Häusern zusätzlich beflügelt, wohingegen der Ausbruch des Ukraine-Kriegs und dessen Folgen erstmals zu einer Wende und damit zu einer Abkühlung des aufgeheizten Immobilienmarktes geführt haben. Seitdem sind die Immobilienpreise teilweise deutlich gesunken. Dennoch ist festzustellen, dass sich die Preise in den A-Städten Frankfurt am Main, Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Stuttgart und Leipzig nach wie vor auf einem hohen Niveau bewegen, das zumeist weit über dem vor der Pandemie liegt.“
Preisentwicklung von 2018 bis 2020
Zwischen Januar 2018 und Januar 2020 entwickelten sich die Immobilienpreise für Häuser und Wohnungen in Deutschland von durchschnittlich 2.297 €/m2 auf 2.857 €/m2 um 24,4 Prozent kontinuierlich nach oben. Dieses Bild spiegelte sich in allen A-Städten wieder. Angeführt von Berlin mit einer Preissteigerung von 21,1 Prozent auf 4.926 €/m2, gefolgt von Stuttgart mit 19,2 Prozent auf 5.208 €/m2 und Leipzig mit 18,7 Prozent auf 2.810 €/m2. Mit diesem preislichen Sprung bei Wohnimmobilien rückte Stuttgart im Januar 2020 auf Platz drei der teuersten A-Städte vor, direkt nach Frankfurt am Main, wo Kaufinteressenten bei Häusern und Wohnungen mit durchschnittlich 6.003 €/m2 und in München mit rund 8.777 €/m2 rechnen mussten.
Abb. 1: Kaufpreisentwicklung von Häusern und Wohnungen in den A-Städten und Gesamtdeutschland zwischen Januar 2018 und Juli 2023 (Grafik: von Poll Immobilien GmbH) – interaktive Grafik inkl. Zahlen durch Mouseover: https://www.datawrapper.de/_/rzmBR/
Preisentwicklung von 2020 bis 2022
Nach kurzem Innehalten nahm mit der Corona-Pandemie ab März 2020 der Aufwärtstrend bei den Preisen für Wohneigentum weiter zu – teilweise stärker als zuvor. Am stärksten zogen die Immobilienpreise zwischen März 2020 und Februar 2022 in Leipzig mit satten 31,3 Prozent auf 3.844 €/m2, in der Hansestadt Hamburg mit 28,2 Prozent auf 6.749 €/m2 und in Köln mit 23,5 Prozent beziehungsweise Düsseldorf mit 23,4 Prozent auf 5.335 €/m2 beziehungsweise 5.834 €/m2 an. Während die Quadratmeterpreise in München – der Stadt mit den teuersten Immobilienpreisen im Ranking – mit 12,4 Prozent auf 9.961€/m2 im gleichen Zeitraum am geringsten stiegen, verzeichnete Frankfurt am Main – die Stadt mit den zweitteuersten Immobilienpreisen unter den A-Städten – immerhin um 21,3 Prozent steigende Preise bei Häusern und Wohnungen auf durchschnittlich 7.157 €/m2.
Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL IMMOBILIEN:
„Entgegen vieler Erwartungen wirkte die Corona-Pandemie als Preistreiber in der Immobilienbranche. Die Nachfrage nach Wohnimmobilien nahm deutlich zu, das Angebot verknappte sich und die Preise stiegen weiter“, erinnert sich VON POLL IMMOBILIEN Experte Ritter. Und weiter: „Die Bedeutung der eigenen Immobilie rückte durch die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen sowie dem Wunsch nach Sicherheit in den Fokus der Kaufinteressenten. Die Menschen sehnten sich nach mehr Privatsphäre und Platz, um beispielsweise ein eigenes Home-Office einzurichten. Auch Balkone, Gärten und Grünflächen wurden häufiger nachgefragt. Dieser Trend hat sich im Sommer 2021 verstärkt, nachdem Deutschland sich bereits zum zweiten Mal im Lockdown befand.“
Preisentwicklung von 2022 bis 2023
Der Ausbruch des Ukraine-Kriegs am 22. Februar 2022 markiert einen Wendepunkt am deutschen Immobilienmarkt. Von diesem Zeitpunkt an bis Juli 2022, als die Europäische Zentralbank (EZB) zum ersten Mal den Leitzins anhob und damit die Nullzinspolitik im Euroraum nach elf Jahren beendete, stagnierten oder sanken erstmals die Immobilienpreise in fast allen A-Städten zum Teil abrupt. Lediglich in der deutschen Hauptstadt Berlin stiegen die Quadratmeterpreise mit 1,9 Prozent auf 6.059 Euro weiter leicht an. Am deutlichsten gingen in diesen fünf Monaten die durchschnittlichen Immobilienpreise in München mit -5,6 Prozent auf 9.400 €/m2 zurück, gefolgt von Frankfurt am Main mit -4,5 Prozent auf 7.157 €/m2 und Stuttgart mit -2,9 Prozent auf 5.848 €/m2.
Seit Juli 2022 folgten weitere Zinserhöhungen durch die EZB, woraus steigende Hypothekenzinsen sowie eine volatile Marktlage resultierten. Die zunehmende Diskussion der Politik um die Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes und den anvisierten Sanierungspflichten bei Wohnimmobilien sorgten zusätzlich für Verunsicherung bei Kaufinteressenten und Verkäufern – mit sichtlichen Auswirkungen auf die Immobilienpreise. Das Preisniveau nahm von Juli 2022 bis Juli 2023 weiter ab. Am stärksten gingen die Immobilienpreise in diesem Zeitraum in Frankfurt am Main mit -8,4 Prozent auf 6.559 €/m2 zurück, gefolgt von Köln mit -8,3 Prozent auf 4.908 €/m2 und München mit -8,1 Prozent auf 8.640 €/m2. Auch in Berlin gaben die Preise nun erstmals um -2,2 Prozent auf durchschnittlich 5.926 €/m2 nach.
Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL IMMOBILIEN:
„Das Jahr 2022 hat weitreichende Veränderungen mit sich gebracht, denen sich auch der Immobilienmarkt nicht entziehen konnte. Inflation, Leitzinserhöhungen, steigende Zinsen, Engpässe in der Energieversorgung und natürlich die daraus resultierende Verunsicherung in der Bevölkerung haben dazu geführt, dass sich die Preisspirale weiter nach unten gedreht hat. Wie lange dieser Effekt noch anhält, bleibt allerdings abzuwarten. Aktuell kann der Bedarf an Wohnraum in Deutschland kaum gedeckt werden, so dass die Nachfrage konstant bleiben und sogar wieder steigen wird. Wir gehen daher davon aus, dass sich die Preise in Zukunft wieder nach oben entwickeln werden – wenn auch in einem gemäßigteren Tempo als wir es bis dato kannten.“
* Die Datengrundlage der Kaufpreisanalyse für Häuser und Wohnungen (Bestand und Neubau) beruht auf den durchschnittlichen Angebotspreisen zwischen Januar 2018 und Juli 2023 von GeoMap und VON POLL IMMOBILIEN Research (2023).
Die Grafik zum interaktiven Diagramm inklusive Einbettungslink kann hier runtergeladen werden: https://www.datawrapper.de/_/rzmBR/