25.10.2022
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Volatiler Markt im dritten Quartal 2022 spürbar
Im Wintersemester 2021/2022 waren in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 2,95 Millionen Studierende immatrikuliert. Viele davon zieht es in kleinere Universitätsstädte. Die Gründe liegen im Vergleich zu den pulsierenden Großstädten auf der Hand: günstigere Wohnungs- und Lebenshaltungskosten, mehr Grünflächen und ein geringerer Stress- und Lärmfaktor sorgen für eine höhere Lebens- und Studienqualität. Das haben auch Investoren und Kapitalanleger längst erkannt und diese Standorte1 zunehmend im Blick. Doch wie entwickeln sich die Preise in diesen Städten, vor allem vor dem Hintergrund des aktuell sehr volatilen Immobilienmarktes? Die VON POLL IMMOBILIEN Experten haben die Kaufpreisentwicklung2 von Eigentumswohnungen in den kleineren Universitätsstädten Deutschlands für das dritte Quartal 2022 im Vergleich zum ersten Quartal 2022 analysiert.
Bei immerhin 35 von 46 analysierten Standorten stagnieren beziehungsweise fallen die Preise, während bei elf Standorten die Preise weiter steigen, wenn auch nicht mehr so stark wie im vergangenen Jahr.
Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL IMMOBILIEN:
„Der Immobilienmarkt ist seit dem Frühjahr vielerorts sichtlich in Bewegung. Das trifft auch auf die kleineren Universitätsstädte zu. Die Immobilienpreise stagnieren beziehungsweise sinken in gewissen Regionen und Segmenten – allerdings werden sehr gute und stark nachgefragte Mikrolagen weniger betroffen sein. Investitionen in kleinere Standorte anstelle von Metropolen sind aufgrund des meist niedrigeren Preisniveaus und hohen Entwicklungspotenzials längst kein Geheimtipp unter Kapitalanlegern mehr. Aber lohnt es sich aktuell noch? Vor allem Städte mit attraktiven Studiengängen haben weiterhin Wertsteigerungspotenzial. Kapitalanleger sollten jedoch die Renditemöglichkeiten der Standorte und der anvisierten Immobilie sowie deren individuelle Kriterien und Marktentwicklung genau überprüfen und zudem professionelle Immobilienexperten zu Rate ziehen.“
Die Immobilienpreisanalyse der kleineren Universitätsstädte für das dritte Quartal 2022 zeigt, dass Kaufinteressenten in Konstanz mit 6.321 €/m2 und Potsdam mit 6.029 €/m2 mit den höchsten Preisen für eine Eigentumswohnung rechnen müssen. Während in Konstanz die Quadratmeterpreise gegenüber dem ersten Quartal 2022 um 2 Prozent leicht gestiegen sind, sind sie in Potsdam, der Landeshauptstadt Brandenburgs, um immerhin -7,8 Prozent gesunken.
Andreas Güthling, Geschäftsstellenleiter des VON POLL IMMOBILIEN Shops in Potsdam:
„Der Markt ist aktuell im Wandel. Zuletzt verzeichneten wir in Potsdam signifikante Preisanstiege und Immobilienverkäufer konnten an den teilweise sehr hohen Preisvorstellungen festhalten – das ändert sich nun. Durch den gestiegenen Finanzierungszins müssen viele Kaufinteressenten ihr Suchbudget neu kalkulieren. Für einige ist der Erwerb einer Immobilie zu den aktuellen Marktpreisen jedoch nicht mehr möglich. Aktuell gleichen sich Angebot und Nachfrage aus, wodurch die Preise etwas nachgeben. Der Markt reguliert sich also selbst.“
Abb. 1: Kaufpreise Eigentumswohnungen in den kleineren Universitätsstädten in Q3/22
Auf die zwei Spitzenreiter der Analyse folgen fünf Universitätsstädte mit durchschnittlichen Quadratmeterpreisen für Wohnungen zwischen 5.000 Euro und 6.000 Euro. Darunter Freiburg im Breisgau mit 5.534 €/m2, Erlangen mit 5.449 €/m2, Tübingen mit 5.390 €/m2, Regensburg mit 5.176 €/m2 und Heidelberg mit 5.134 €/m2. In der bayrischen Universitätsstadt Erlangen sind die Preise im Vergleich zum ersten Quartal 2022 um 8,3 Prozent gestiegen und erzielen damit die höchste Preissteigerung aller analysierten Standorte. In Freiburg im Breisgau mit -6,1 Prozent, Tübingen mit -4,2 Prozent, Regensburg mit -5,5 Prozent und Heidelberg mit -2,8 Prozent fallen dagegen die Preise gegenüber Jahresanfang.
Matthias Gebhardt, Geschäftsstellenleiter der VON POLL IMMOBILIEN Shops in Erlangen, Forchheim und demnächst Herzogenaurach:
„Durch die Ansiedlung größerer Unternehmen in Erlangen, wie Siemens, Adidas, Puma oder Schäffler, sowie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, die einen sehr guten Ruf genießt, ist die Metropolregion Nürnberg auch für ein internationales Publikum besonders attraktiv. Vor allem in den letzten zwölf bis 24 Monaten registrierten wir eine Zunahme der Immobilienanfragen durch ausländische Investoren, wodurch natürlich auch die Preise steigen.“
Die günstigsten Immobilienpreise für Eigentumswohnungen unter den kleineren Universitätsstädten finden Interessenten aktuell in Chemnitz, der drittgrößten Stadt im Freistaat Sachsen, mit 1.785 €/m2. Hier fallen Quadratmeterpreise gegenüber dem ersten Quartal 2022 um -5,6 Prozent. Auch in den kleineren Universitätsstädten Magdeburg, Wuppertal, Saarbrücken, Mönchengladbach, Hildesheim, Siegen, Kaiserslautern, Frankfurt (Oder), Coburg und Kassel können Kaufinteressenten Wohnungen noch zu moderaten Kaufpreisen zwischen durchschnittlich 2.000 €/m2 bis 3.000 €/m2 erwerben. Mit -11,9 Prozent sinken die Preise in Saarbrücken bei Eigentumswohnungen allerdings am stärksten in der gesamten Analyse.
Direkt hinter Saarbrücken, der Landeshauptstadt des Saarlandes, mit den am stärksten fallenden Kaufpreisen für Eigentumswohnungen folgen die Universitätsstädte Lüneburg mit -11,7 Prozent (Kaufpreis: 4.317 €/m2), Erfurt mit -9,4 Prozent (Kaufpreis: 3.317 €/m2), Göttingen und Ulm mit jeweils -8,2 Prozent (Kaufpreis: 3.063 €/m2 beziehungsweise 4.794 €/m2) sowie Oldenburg und Bayreuth mit jeweils -8 Prozent (Kaufpreis: 3.740 €/m2 beziehungsweise 3.934 €/m2).
Interessant ist vor dem Hintergrund des aktuell volatilen Marktes auch, dass die Immobilienpreise in immerhin elf analysierten Standorten im dritten Quartal 2022 im Vergleich zum ersten Quartal 2022 weiter steigen. Spitzenreiter ist Erlangen mit 8,3 Prozent steigenden Quadratmeterpreisen bei Eigentumswohnungen (Kaufpreis: 5.449 €/m2), gefolgt von Coburg mit 6,3 Prozent (Kaufpreis: 2.795 €/m2). Zwischen 1,5 Prozent und 3 Prozent steigen die Preise im Vergleich zum ersten Quartal 2022 in Bamberg, Kaiserslautern, Konstanz, Aachen, Flensburg, Frankfurt (Oder) und Magdeburg.
Heike Hoffmann, Geschäftsstellenleiterin des VON POLL IMMOBILIEN Shops in Magdeburg:
„Die Bekanntgabe, dass sich der amerikanische Halbleiterproduzent Intel in Magdeburg ansiedelt, hat den Immobilienmarkt spürbar beeinflusst. Seitdem verzeichneten wir einen sprunghaften Anstieg an Immobilienanfragen. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt weniger Immobilienangebote und stabile Preise. Vor dem Hintergrund der gestiegenen Hypothekenzinsen und aktuellen Inflationsentwicklung spüren wir jedoch eine Kaufzurückhaltung. Dennoch halten viele Verkäufer an ihren hohen Preisvorstellungen fest, wodurch sich die Anzahl an Immobilienangeboten auf dem Magdeburger Markt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nahezu verdoppelt hat.“
Abb. 2: Kaufpreisentwicklung Eigentumswohnungen in den kleineren Universitätsstädten, Q3/22 vs. Q1/22
Lohnt noch ein Investment? Kaufpreisfaktoren bei Eigentumswohnungen
Kapitalanleger haben kleinere Universitätsstädte aufgrund einer nachhaltigen Wertentwicklung bei attraktiven Renditemöglichkeiten seit einigen Jahren im Blick. Viele fragen sich jedoch, ob sich eine Investition vor dem Hintergrund der aktuellen Lage weiterhin lohnt. Daher haben die VON POLL IMMOBILIEN Experten einen Blick auf die Kauf- und Mietpreise der kleineren deutschen Städte1 mit einer Universität geworfen, um das Kaufpreis-Miete-Verhältnis im dritten Quartal 2022 zu ermitteln.
Kaufpreisfaktor
Der Kaufpreisfaktor – oder auch Vervielfältiger genannt – gibt Aufschluss über die Rentabilität eines Immobilieninvestments. Bei einem Kaufpreisfaktor von beispielsweise 20 bedeutet das, dass der Investor 20 Jahre benötigt, um den Kaufpreis der erworbenen Immobilie durch die erwirtschafteten Mieteinnahmen wieder auszugleichen. Lange Zeit galt ein Vervielfältiger von 20 als Richtwert für ein sehr rentables Investment. Dieser Maßstab hat sich allerdings inzwischen verschoben. In den meisten deutschen Regionen finden sich mittlerweile Kaufpreisfaktoren um die 25, aber auch Vervielfältiger von 30 sind längst keine Seltenheit mehr. Insbesondere in Metropolen und Großstädten übersteigen die Kaufpreisfaktoren diese Schwelle oft um ein Vielfaches.
Abb. 3: Entwicklung der Kaufpreisfaktoren bei Eigentumswohnungen in den kleineren Universitätsstädten, Q3/22
In insgesamt fünf der 46 analysierten Universitätsstädte liegen die Kaufpreisfaktoren noch unter der 25er-Marke. Am attraktivsten ist der Erwerb einer Eigentumswohnung als Kapitalanlage derzeit in Saarbrücken (Kaufpreis: 2.322 €/m², Miete: 8,86 €/m²), denn mit einem Vervielfältiger von 21,8 bildet die Landeshauptstadt im Saarland das Schlusslicht des Rankings. Danach folgen Göttingen (Kaufpreis: 3.063 €/m², Miete: 10,92 €/m²) mit einem Kaufpreisfaktor von 23,4, Mönchengladbach (Kaufpreis: 2.490 €/m², Miete: 8,53 €/m²) mit 24,3, Wuppertal (Kaufpreis: 2.284 €/m², Miete: 7,77 €/m²) mit 24,5 und Kaiserslautern (Kaufpreis: 2.702 €/m², Miete: 9,15 €/m²) mit 24,6.
Weitere 19 Universitätsstädte der Analyse rufen Kaufpreisfaktoren zwischen 25 und 30 auf. Darunter Siegen, das mit einem Vervielfältiger von 25,9 nur knapp über der 25er-Schwelle liegt. In Chemnitz (Kaufpreis: 1.785 €/m², Miete: 5,56 €/m²), der Stadt mit dem niedrigsten Kaufpreis sowie dem geringsten Durchschnittsmietpreis im gesamten Ranking, müssen Käufer 26,8 Jahresnettokaltmieten rechnen, während es in Coburg (Kaufpreis: 2.795 €/m², Miete: 8,65 €/m²) 26,9 Jahresnettokaltmieten und in Magdeburg (Kaufpreis: 2.262 €/m², Miete: 6,80 €/m²) 27,7 Jahresnettokaltmieten sind. Mit einem deutlich höheren Kaufpreis- sowie Mietpreisniveau folgen Heilbronn (Kaufpreis: 4.183 €/m², Miete: 12,56 €/m²) oder Passau (Kaufpreis: 3.740 €/m², Miete: 10,87 €/m²) mit einem Vervielfältiger von 27,8 beziehungsweise 28,7. Besonders lohnt auch ein Blick nach Heidelberg: Neben des verhältnismäßig hohen Kaufpreises von 5.134 €/m² ruft die Stadt mit 14,67 €/m² jedoch auch den dritthöchsten Mietpreis aller analysierten Universitätsstädte auf, was zu einem Kaufpreisfaktor von 29,2 führt. In Flensburg (Kaufpreis: 3.217 €/m², Miete: 9,04 €/m²) beläuft sich der Kaufpreisfaktor bereits auf 29,7.
Knapp über dem idealen Kaufpreisfaktor von 30 reihen sich sieben der analysierten Standorte ein: Paderborn (Kaufpreis: 3.299 €/m², Miete: 9,06 €/m²), Bamberg (Kaufpreis: 4.005 €/m², Miete: 10,99 €/m²), Mainz (Kaufpreis: 4.961 €/m², Miete: 13,52 €/m²), Trier (Kaufpreis: 3.904 €/m², Miete: 10,62 €/m²), Bayreuth (Kaufpreis: 3.934 €/m², Miete: 10,70 €/m²), Oldenburg (Kaufpreis: 3.740 €/m², Miete: 10,10 €/m²) und Darmstadt (Kaufpreis: 4.907 €/m², Miete: 13,24 €/m²). Die Vervielfältiger variieren dort zwischen 30,3 in Paderborn und 30,9 in Darmstadt.
Darauf folgt im Ranking Freiburg im Breisgau (Kaufpreis: 5.534 €/m², Miete: 14,79 €/m²) mit einem Kaufpreisfaktor von 31,2 und dem zweithöchsten Mietpreis in der Analyse. Während Käufer in Lüneburg (Kaufpreis: 4.317 €/m², Miete: 11,03 €/m²) 32,6 Jahre benötigen, um den Kaufpreis zu kompensieren, sind es in Augsburg (Kaufpreis: 4.983 €/m², Miete: 12,59 €/m²) 33 Jahre und in Konstanz (Kaufpreis: 6.321 €/m², Miete: 15,14 €/m²) – der Stadt mit dem höchsten Kauf- sowie Mietpreis – sind es sogar 34,8 Jahre.
In Erlangen (Kaufpreis: 5.449 €/m², Miete: 12,83 €/m²) und Halle an der Saale (Kaufpreis: 3.076 €/m², Miete: 7,20 €/m²) beträgt der Kaufpreisfaktor 35,4 beziehungsweise 35,6. Spitzenreiter im Ranking ist Potsdam (Kaufpreis: 6.029 €/m², Miete: 12,73 €/m²) – hier müssen Käufer im Schnitt 39,5 Jahre kalkulieren, bis ihr Investment ausgeglichen ist.
1 Als Grundlage zur Kategorisierung des deutschen Immobilienmarktes nutzt VON POLL IMMOBILIEN die Einstufung in A-, B-, C- und D-Städte von BulwienGesa. Dazu wurden die Städte nach ihrer funktionalen Bedeutung für den internationalen, nationalen sowie regionalen oder lokalen Immobilienmarkt gruppiert. BulwienGesa klassifiziert dabei 46 Städte bei den C- und D-Standorten mit mindestens 7.000 Studierenden als Universitäts- beziehungsweise Hochschulstädte, wobei A- und B-Städte aufgrund der gesonderten Betrachtung nicht berücksichtigt werden.
2 Die Datengrundlage der Kaufpreisanalyse bei Eigentumswohnungen beruht auf den durchschnittlichen Angebotspreisen von GeoMap und VON POLL IMMOBILIEN Research für das dritte Quartal 2022 im Vergleich zum ersten Quartal 2022.