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Eigenbedarfskündigungen - Welche Regeln gelten?

21/03/2024 · Autor: Marius Grumbt


Das Thema der Eigenbedarfskündigung ist Gegenstand intensiver Diskussionen, und die Perspektiven darauf unterscheiden sich erwartungsgemäß. Vermieter sehen sich in ihrer Eigentumsfreiheit eingeschränkt, wenn sie ihre Immobilie nicht nach ihren Wünschen nutzen können. Einige empfinden die Schutzregeln als zu großzügig, was die Eigenbedarfskündigung zu einem schwer kalkulierbaren Risiko macht, sowohl rechtlich als auch finanziell.

Auf der anderen Seite fühlen sich Mieter den Eigenbedarfskündigungen oft schutzlos ausgeliefert. Sie müssen stets damit rechnen, aus ihrer angestammten Wohnung und ihrem vertrauten Umfeld verdrängt zu werden und dann möglicherweise zu höheren Kosten eine neue Unterkunft zu finden. Es besteht schnell der Verdacht, dass der Eigenbedarf vorgetäuscht sein könnte, um die Wohnung zu einem höheren Preis weiterzuvermieten.

Ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Berlin sorgte für Aufsehen: Eine Eigenbedarfskündigung wurde zwar akzeptiert, jedoch erhielten die Mieter aufgrund der Unmöglichkeit, eine angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen zu finden, das Recht, den Mietvertrag für zwei Jahre fortzusetzen (67 S 264/22). Als Kompensation für den Vermieter ordnete das Gericht lediglich an, dass die bisherige Miete für den verbleibenden Zeitraum auf das marktübliche Niveau angehoben werde.

Es ist an der Zeit für einen Faktencheck. Welche Regeln gelten für Eigenbedarfskündigungen? Wie urteilen Gerichte in solchen Fällen? Und worauf sollten Mieter und Vermieter achten, um Konflikte und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Eigenbedarf zu vermeiden?

Grundsätzlich sollen in Deutschland einige Regeln Mieter schützen. Wohnmietverträge sind in der Regel unbefristet. Ohne triftigen Grund darf der Vermieter den Vertrag nicht befristen oder plötzlich beenden. Ein zulässiger Kündigungsgrund kann beispielsweise eine Pflichtverletzung des Mieters sein, wie ein Zahlungsverzug von mindestens zwei Monatsmieten. Ein weiterer Grund für eine Kündigung könnte der Eigenbedarf des Vermieters sein.

Damit eine Eigenbedarfskündigung wirksam ist, müssen Vermieter einige Punkte beachten. Sie müssen plausibel und nachweisbar darlegen können, dass sie die Wohnung entweder für sich selbst oder für nahe Angehörige benötigen. In bestimmten Situationen kann auch der Bedarf externer Personen wie beispielsweise einer ganztägigen Pflegekraft als Begründung für eine Kündigung ausreichen. In diesem Fall müsste der Vermieter die entsprechende Pflegebedürftigkeit nachweisen können.

Der Einzug einer Pflegekraft könnte als 'berechtigtes Interesse' für eine Kündigung gewertet werden. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass für reine Einliegerwohnungen – also kleine, vermietete Wohnungen in ansonsten selbst bewohnten Einfamilienhäusern – eine Sonderregelung gilt. Vermieter können solche Wohnungen auch ohne ein berechtigtes Interesse kündigen, jedoch mit einer um drei Monate verlängerten Kündigungsfrist im Vergleich zu anderen Fällen.

Wenn ein Vermieter die Wohnung für sich selbst benötigt, muss der Bedarf plausibel sein. Ein Beispiel wäre, wenn der Vermieter beabsichtigt, in die bisher vermietete Wohnung einzuziehen, um näher an seinem Arbeitsplatz zu wohnen. Ähnlich verhält es sich, wenn die Familie des Vermieters wächst und die aktuelle Wohnung nicht mehr ausreicht, um alle Familienmitglieder unterzubringen. Ebenfalls könnte Eigenbedarf gerechtfertigt sein, wenn die gekündigte Wohnung barrierefrei ist und der Vermieter aus altersbedingten Gründen dort einziehen müsste.

Wenn der Eigentümer mehrere vermietete Wohnungen besitzt, muss er begründen, warum gerade die gekündigte Wohnung für sich oder seine Angehörigen benötigt wird. Bei einer Eigenbedarfskündigung sollte das Verhältnis zwischen eigenem Bedarf und Wohnungsgröße angemessen sein. Unangemessen wäre es beispielsweise, einer fünfköpfigen Familie eine große Vier-Zimmer-Wohnung zu kündigen, um dort eine studierende Tochter unterzubringen.

Die Kündigungsfrist kann bis zu 9 Monate betragen

Die Kündigungsfrist für eine Eigenbedarfskündigung beträgt mindestens drei Monate, während der Vermieter dem Mieter diese schriftlich mitteilen muss. Die Kündigungsfrist verlängert sich je nach Dauer des Mietverhältnisses: auf sechs Monate bei einer Mietdauer von fünf bis acht Jahren und auf bis zu neun Monate bei einer Mietdauer von mehr als acht Jahren. Der Mieter hat das Recht, innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt des Kündigungsschreibens zu widersprechen. In diesem Fall kann der Vermieter eine Räumungsklage einreichen, während der Mieter bis zur Klärung des Falls in der Wohnung bleiben darf.

Das Kündigungsschreiben muss alle erforderlichen Formalitäten einhalten. Dazu gehört unter anderem, dass die Personen, für die Eigenbedarf angemeldet wird, namentlich und gegebenenfalls mit ihrem Verwandtschaftsgrad aufgeführt werden. Der Vermieter muss den Grund für den Eigenbedarf klar erklären und den Mieter auf sein Widerspruchsrecht hinweisen.

Wenn ein Mehrfamilienhaus in Eigentumswohnungen umgewandelt wird, gelten Sperrfristen für eine Eigenbedarfskündigung. Die Dauer dieser Sperrfristen variiert je nach Bundesland und Kommune und kann bis zu zehn Jahre betragen. Interessenten, die von einem Eigentümer kaufen möchten, der zuvor ein Mietshaus in separate Wohnungen umgewandelt hat, sollten sich im Voraus über mögliche Sperrfristen informieren.

Es gibt auch Fälle, in denen eine Eigenbedarfskündigung grundsätzlich nicht möglich ist. Einige Mietverträge schließen eine solche Kündigung aus, und manche Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht, das eine Eigenbedarfskündigung ebenfalls ausschließt. Eine Klausel im Mietvertrag, die eine Eigenbedarfskündigung nach weniger strikten Regeln als im Gesetz vorgesehen erlaubt, wäre jedoch unwirksam.

Kündigung wegen Eigenbedarf: Welche Möglichkeiten haben Mieter, sich zu wehren

Wenn Mieter gegen eine Eigenbedarfskündigung vorgehen möchten, sollten sie sorgfältig prüfen, ob die rechtlichen Vorgaben eingehalten wurden. Der Vermieter muss beispielsweise klar angeben, für wen die Wohnung benötigt wird. Es ist jedoch nicht eindeutig festgelegt, welcher Verwandtschaftsgrad erforderlich ist, um eine Eigenbedarfskündigung zu rechtfertigen. In der Regel gilt dies jedoch für Personen, bei denen der Vermieter ein Zeugnisverweigerungsrecht im Prozessrecht hätte. Dazu gehören Ehepartner, Verlobte, direkte Verwandte (Kinder, Eltern, Großeltern), Geschwister, Neffen und Nichten. Möglicherweise können auch entferntere Verwandte wie Tanten, Onkel, Schwiegerkinder, -eltern und Schwager sowie Schwägerin in Betracht gezogen werden (Amtsgericht Berlin-Mitte, 25 C 183/22). Eine enge persönliche Beziehung wird im Allgemeinen nicht als erforderlich angesehen, kann aber je nach Situation hilfreich sein.

Der Vermieter ist nicht zwingend verpflichtet, den Namen der Person anzugeben, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird. Wenn jedoch ein Name genannt wird, muss dieser korrekt sein (Landgericht Berlin, 67 S 5/23). Wenn kein Name genannt wird, muss die Person eindeutig identifizierbar sein (Landgericht Berlin, 67 S 288/22). Eine allgemeine Angabe wie 'für eines meiner Kinder' reicht nicht aus. Es ist auch nicht erforderlich, alle einziehenden Personen namentlich zu benennen – es müssen nur ausreichende Informationen über die betreffende Person vorliegen, auf die sich der Eigenbedarf bezieht.

Wenn der Mieter vermutet, dass die Eigenbedarfskündigung tatsächlich eine Taktik ist, kann er unter bestimmten Umständen dagegen vorgehen. Das Landgericht Berlin hat beispielsweise eine Eigenbedarfskündigung aufgehoben, weil eine nahestehende Person des Vermieters zuvor bereits eine vergleichbare Wohnung des Vermieters bewohnt hatte und nur ausgezogen war, um den Verkauf dieser Wohnung zu erleichtern. Die Richter hielten die Kündigung der anderen Wohnung, um der nahestehenden Person den Einzug zu ermöglichen, für rechtsmissbräuchlich (66 S 170/22).

Wenn sich herausstellt, dass eine Eigenbedarfskündigung fingiert war, kann der ausgezogene Mieter Schadensersatz verlangen. Dies kann Umzugskosten, doppelte Mietzahlungen und die Differenz zwischen alter und neuer Miete über mehrere Jahre umfassen (Amtsgericht Coesfeld, 4 C 156/19).

Wenn der Vermieter mehrere Wohnungen besitzt, muss er auch erklären, warum genau die betreffende Wohnung für den Eigenbedarf benötigt wird. Kann er dies nicht überzeugend darlegen, könnte die Kündigung unter Umständen unwirksam sein. Wenn mehrere Wohnungen geeignet sind, kann der Vermieter beispielsweise diejenige mit der niedrigsten Miete wählen. Er ist nicht verpflichtet, eine Sozialauswahl im Voraus zu treffen (Landgericht Berlin, 64 S 91/18). Soziale Kriterien würden erst bei einer möglichen Härtefallprüfung eine Rolle spielen.

Außerdem muss der Eigenbedarf konkret vorhanden sein; rein vorsorgliche Eigenbedarfskündigungen sind nicht zulässig. Nach Ansicht des Landgerichts München I wären beispielsweise acht Monate Vorlauf zu lange (14 S 14047/22).

Wenn die Eigenbedarfskündigung voraussichtlich wirksam ist, bleibt Mietern nur noch ein anderer Weg, sich zu verteidigen: Sie können sich auf unzumutbare Härte berufen, die nicht durch Vermieterinteressen gerechtfertigt werden kann. Dafür müssen die Mieter Widerspruch einlegen, spätestens bis zwei Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist.

Insbesondere in Städten mit hart umkämpften Mietmärkten ist es relevant zu wissen, dass es auch als unzumutbare Härte angesehen wird, wenn der Mieter keine angemessene Ersatzwohnung zu zumutbaren Bedingungen finden kann. Allerdings muss der Mieter ernsthafte Bemühungen unternehmen, um eine solche Ersatzwohnung zu finden. Außerdem sollte der Mieter, insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten, bereit sein, Kompromisse einzugehen, beispielsweise hinsichtlich Lage, Ausstattung und Mietpreis (Amtsgericht Schöneberg, 105 C 191/22).

Auch gesundheitliche Gründe können zu einem Härtefall führen. Im Extremfall kann der Vermieter sogar dazu verpflichtet werden, den Mietvertrag unbefristet fortzusetzen, zum Beispiel wenn der Mieter beim erzwungenen Auszug aus der Wohnung als akut suizidgefährdet angesehen werden muss (Bundesgerichtshof, VIII ZR 390/21).

Eine finanzielle Lösung kann einen Rechtsstreit verhindern

All das verdeutlicht Vermietern: In vielen Fällen wird der Mieter, dem wegen Eigenbedarfs gekündigt wurde, die Wohnung nicht freiwillig verlassen. In solchen Situationen kann der Vermieter zwei Wege einschlagen. Die erste Möglichkeit besteht darin, mit dem Mieter zu verhandeln. Der Vermieter könnte dem Mieter finanzielle Anreize bieten, damit er auszieht. Eine solche Auszugsprämie kann jedoch steuerlich nicht abgesetzt werden, im Gegensatz beispielsweise zu einer Modernisierung der Wohnung.

Alternativ könnte der Vermieter dem Mieter eine alternative Wohnung anbieten, sofern er über eine verfügt. Dies setzt jedoch voraus, dass das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter intakt ist.

Wenn eine einvernehmliche Lösung nicht möglich ist, bleibt als letzte Option die Einreichung einer Räumungsklage. Der Vermieter sollte jedoch darauf vorbereitet sein, dass die Wohnung nicht sofort geräumt wird, wenn sich der Mieter juristisch dagegen wehrt.

Bevor der Vermieter diesen Weg einschlägt, sollte er prüfen lassen, ob der Mieter möglicherweise erfolgreich einen Härtefall geltend machen kann. Dies könnte der Fall sein, wenn der Mieter gesundheitlich angeschlagen ist oder altersbedingt gebrechlich. Zu den Härtefällen zählen auch die soziale Verwurzelung eines langjährigen Mieters in seinem Umfeld oder ein Schulwechsel der Kinder.

Ob der vom Mieter geltend gemachte Härtefall eine Kündigung verhindert, hängt vom Einzelfall ab. Die Mieter müssen den Härtegrund zweifelsfrei nachweisen. Dies kann mitunter schwierig sein, auch im Falle von Gesundheitsproblemen. Der Bundesgerichtshof hat beispielsweise 2019 in zwei Fällen entschieden, dass ein vom Gericht bestimmter Sachverständiger die ärztlichen Atteste der Mieter überprüfen muss (VIII ZR 180/18, VIII ZR 167/17). Allein durch Atteste kann eine Eigenbedarfskündigung also nicht automatisch verhindert werden.

Selbst wenn der Mieter eine Eigenbedarfskündigung verhindert hat, kann der Vermieter immer noch Maßnahmen ergreifen. So entschied das Landgericht Berlin im vergangenen Jahr, dass dem Vermieter die Fortsetzung eines solchen Mietverhältnisses nur zuzumuten sei, wenn er die Miete auf ein marktübliches Neuvermietungsniveau anheben dürfe (67 S 20/23). Allerdings müsse die erhöhte Miete weiterhin sozial verträglich sein und für den Mieter bezahlbar bleiben.

War der Vermieter erfolgreich mit seiner Eigenbedarfskündigung, kann er die Wohnung nach einer angemessenen Nutzungsdauer wieder vermieten. Die gesetzliche Definition einer angemessenen Nutzungsdauer ist jedoch nicht festgelegt. Der Vermieter muss jedoch nachweisen können, dass er den Eigenbedarf nicht vorgetäuscht hat. Andernfalls wäre er gegenüber dem gekündigten Mieter, wie bereits beschrieben, schadensersatzpflichtig.

Quelle: WiWo online

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